Hinter dem Wasserfall

Leseprobe Band 2

Elfen-Trilogie von Oliver Jungjohann
Xtras Band 1
Herausgeber und Copyright: © by Oliver Jungjohann, Bochum. Alle Rechte vorbehalten.
19 Wind und Liebe
Mehrere Stunden Autobahnfahrt lagen hinter ihnen, die dänische Grenze hatten sie soeben passiert. So unspektakulär, dachte Finja, die auf der Rückbank links neben Toni saß, der wegen seiner längeren Beine in der Mitte zwischen Finja und Aaron Platz genommen hatte. Zwischendurch streckte er die Füße an der Handbremse vorbei, seine Schuhe hatte er wie Finja und Aaron ausgezogen. So plötzlich hatten sie an diesem Pfingstwochenende Dänemark erreicht, nur ein Schild, ein paar Flaggen und ein abseits gelegenes Geldwechselhäuschen hatten die Grenze markiert. Nichts zeugte mehr davon, dass 'Grenze' damals mit Kontrollposten anders gewesen war, wie sich Finja an Bilder aus ihrer frühen Kindheit erinnern konnte. Toni amüsierte sich über die Schreibweise dänischer Ortsnamen, die man auf den Autobahnschildern lesen konnte. »Frøslev, Oksekær, Kliplev, Bov... was haben die denn hier für Orte?«, lachte er und wollte wissen, wie man das durchgestrichene 'O' ausspricht. »Wie 'ö', das ist bei Rømø auch so«, erklärte Finja, die sich auch noch daran erinnern konnte, wie sie das erste Mal über die Namen gelacht hatte. »Und rate mal, wie man in Dänemark ein Moped nennt... 'Knallert'!!«, sagte Aaron glucksend, woraufhin Toni meinte, dass 'Hund' dann vermutlich 'Køterklev' heißen müsse. Die ganze Rückbank wieherte vor Lachen, und von vorne kam eine nicht ganz ernst gemeinte Nachfrage, ob die Kids am letzten Rastplatz Alkohol getrunken hätten. Sie waren alle froh, ohne Stau bis hierhin gekommen zu sein. Von der dänischen Autobahn bogen sie in Richtung Rømø ab, es war bald schon beschildert. Nach einigen Kilometern über Landstraßen fuhren sie jetzt auf den Damm, der die südlichste Insel Dänemarks mit dem Festland verband. »Schon irre, links und rechts neben der Straße das Wattenmeer, und trotzdem ist das keine richtige Brücke«, meinte Toni und beobachtete eine riesige Zahl Seemöwen, die auf dem flachen Watt standen, das mit wenig Wasser gerade eben bedeckt war. Durch die Spiegelung des Himmels sah es so aus, als würden die Vögel auf dem Wasser stehen. Gegen neunzehn Uhr erreichten sie einigermaßen müde das Campinggelände und hielten auf einem Parkplatz vor der Einfahrtsschranke, um sich anzumelden. Mit eingesteiften Beinen schälten sich alle unter den merkwürdigsten Tönen aus dem Auto und räkelten sich erst einmal in dem kräftigen Wind, der eine unruhige Nacht befürchten ließ. Finja sah sich im Schaufenster eines nahe gelegenen Spielzeug- und Sportgeschäftes Lenkdrachen an, während ihr Vater die Unterlagen für die Reservierung mit den Platznummern ihrer Zelte holte. Nach wenigen Minuten kam er wieder, verteilte Magnetkarten für die Duschräume und meinte seufzend, dass er sich sehr auf eine warme Dusche freuen würde. Sie passierten die Schranke, folgten dem Lageplan zu ihrem reservierten Platz und machten sich nach dem Ausladen eines beachtlichen Haufens Gepäck an den Aufbau der Zelte. Toni staunte über die Schnelligkeit, in der die Familie trotz des Windes und des Stangenchaos das große Familienzelt mit den vielen Schlaufen und Clips aufstellte. Sein eigenes Zelt baute er zusammen mit Finjas Hilfe direkt daneben, aber mit dem Eingang zum Weg in Richtung des Sonnenaufgangs. Das sei morgens besonders schön, hatte Finja ihm geraten. Kräftige Windböen machten den Aufbau ziemlich kompliziert, sodass alles ein wenig schief aussah. »Papa, reicht das mit dem Abspannen, oder müssen wir noch mehr Heringe und Schnüre nehmen?«, fragte Finja etwas besorgt. »Also, im Wetterbericht haben die nichts von einem Sturm gesagt, die nächsten Tage sollen angenehm warm sein«, antwortete ihr Vater. »Wir können morgen früh noch mal alles richtig abspannen, wenn es nötig wird«, ergänzte er und begann mit dem ungeliebten Aufpumpen der Luftmatratzen. Nachdem alles fertig aufgebaut, Schlafsäcke, Isomatten und Kleidungsbeutel verteilt waren, wurde ein schnelles Abendessen mit belegten Broten improvisiert. Mittlerweile war es im Zelt schon reichlich dunkel. Ideen zum nächsten Tag wurden beim Essen ausgetauscht und man wurde schnell einig, das Frühstück für halb neun einzuplanen, um viel vom Tag zu haben. Während die Kinder jetzt noch über den Campingplatz gingen und Finja ihrem Freund die Einrichtungen zeigte, machten sich die Eltern nach einer Dusche bettfertig und ließen sich von den Kindern versprechen, das Zähneputzen nicht zu vergessen. Erledigt von der langen Fahrt schliefen alle bald ein. Das Rauschen des Windes hatte etwas Hypnotisches, wie Finja dachte, während ihr Gedanken zur Welt hinter dem Wasserfall, zu Vorbereitungen für die geplante Expedition in Italien und vor allem zu den kommenden Tagen mit Toni durch den Kopf gingen und sie immer wieder für einige Sekunden einnickte. Ein metallischer Knall riss Finja mitten in der Nacht aus dem Schlaf, gefolgt von einem Gepolter, das direkt in Kopfnähe zu passieren schien. Es lärmte höllisch im Zelt, heftige Sturmböen zerrten mit Gewalt an den Stoffwänden und Schnüren. Erschrocken sah Finja im Restlicht der Campingplatzlaternen, dass sich die Zeltstangen stark krümmten und es aussah, als würde das Zelt jeden Moment in die Luft gehoben. »Papa!! Mama!! Wacht auf, das Zelt fliegt uns gleich weg!!«, rief sie panisch, krabbelte aus ihrem Schlafsack und öffnete hastig den Reißverschluss ihres Innenzeltes. Ihre Eltern und Aaron hatte sie mit dem Schreckruf geweckt, und ihr Vater holte schnell den Beutel mit weiteren Heringen und Abspannschnüren aus einer Tasche. Als sie das Zelt öffneten, peitschte ihnen ein scharfer Wind ins Gesicht, vermischt mit Sandkörnern und Staub vom Platz. Im Halbdunkel der bebenden Laternenmasten sahen sie, wie Campingstühle über die Wege purzelten und überall Menschen in Schlafanzügen und Unterwäsche aufgeregt Zelte und Vordächer befestigten. Toni war auch wachgeworden und fragte, ob er noch zwei Schnüre haben könne. Mit einem Gummihammer setzten sie längere Heringe schräg gegen die Zugrichtung der Seile fest in den Boden und spannten die Schnüre so sehr, wie es ihnen gerade möglich war. Das große Familienzelt war dabei dem Wind natürlich viel mehr ausgeliefert als das kleinere, abgerundete Zelt von Toni. »Das dürfte jetzt reichen«, rief der Vater gegen das Windgeheul und klopfte Finja auf die Schulter. »Danke, dass du uns geweckt hast, sonst wäre es bestimmt zu spät gewesen!« »Naja, Zufall«, meinte sie und gab Toni noch einmal einen Gute-Nacht-Kuss. Als sich Finja wieder bibbernd in den Schlafsack verkroch, gingen ihr vor dem Einschlafen viele Gedanken an Toni durch den Kopf. Sie nahm sich vor ihre Eltern zu fragen, ob sie in der nächsten Nacht bei Toni schlafen dürfe. Ob die das wohl erlauben würden? Ob es ein riesiges Theater gäbe? Mit Toni zusammen einschlafen... Finja wurde es ganz warm bei diesem Gedanken, und während die Zeltwände im Sturm heulten und knatterten, begleiteten tausende Gedankenfetzen Finja in den Schlaf. Am Morgen war es zwar noch windig, der Sturm hatte aber deutlich an Intensität verloren. Aaron war zuerst wachgeworden, hatte sich Campingtisch und einen Stuhl aufgeklappt, saß mit Pulli und Wolldecke im dunstig verschwommenen Morgenlicht und stopfte sich abwechselnd Kekse und Weingummi in den Mund. Völlig zerzaust kam jetzt auch Finja aus dem Zelt und hatte sich eine Jacke übergeworfen. »Moin! Noch gut geschlafen?«, fragte Aaron. »Also, nach dem Schreck dann schon, wie ein Stein«, antwortete sie. Es war ziemlich kühl, vielleicht acht Grad, und der beständige Wind ließ es nicht zu, dass die Morgensonne wirklich wärmte. Finja ging zu Tonis Zelt und öffnete langsam den Reißverschluss des Eingangs. »Was hast du denn vor?«, fragte Aaron grinsend. »Geht dich nix an«, knurrte seine Schwester zurück. »Iss ’nen Keks und sei still!« »Viel Spaß«, feixte Aaron und erntete dafür einen giftigen Blick. Finja kroch leise in das niedrige Zelt und schloss hinter sich den Eingang. Toni lag halb verdreht in einem Wolldecken- und Schlafsackknäuel auf der Luftmatratze und schnarchte leise mit offenem Mund. Finja legte sich behutsam neben ihn, deckte sich mit einem Teil der Wolldecke zu und beobachtete halb aufgerichtet Tonis Gesicht. Ein friedliches, warmes Glücksgefühl erfüllte Finja, als sie begann, zärtlich über seine Haare zu streichen. »Toni, mein Schatz, aufwachen«, sagte sie leise ganz nahe an seinem Ohr. Er räkelte sich, öffnete etwas die Augen und murmelte ganz verschlafen: »Was... wie spät... ach du bist’s«, schloss wieder die Augen, drehte sich ganz zu Finja und nahm sie in den Arm. »Gleich machen wir schon Frühstück«, sagte sie. »Mmmm... noch fünf Minuten... bitte!«, kam es genuschelt zurück. […Ende des Auszugs aus Kapitel 19]
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Leseprobe Band 2

Hinter dem Wasserfall
Elfen-Trilogie von Oliver Jungjohann
Mehrere Stunden Autobahnfahrt lagen hinter ihnen, die dänische Grenze hatten sie soeben passiert. So unspektakulär, dachte Finja, die auf der Rückbank links neben Toni saß, der wegen seiner längeren Beine in der Mitte zwischen Finja und Aaron Platz genommen hatte. Zwischendurch streckte er die Füße an der Handbremse vorbei, seine Schuhe hatte er wie Finja und Aaron ausgezogen. So plötzlich hatten sie an diesem Pfingstwochenende Dänemark erreicht, nur ein Schild, ein paar Flaggen und ein abseits gelegenes Geldwechselhäuschen hatten die Grenze markiert. Nichts zeugte mehr davon, dass 'Grenze' damals mit Kontrollposten anders gewesen war, wie sich Finja an Bilder aus ihrer frühen Kindheit erinnern konnte. Toni amüsierte sich über die Schreibweise dänischer Ortsnamen, die man auf den Autobahnschildern lesen konnte. »Frøslev, Oksekær, Kliplev, Bov... was haben die denn hier für Orte?«, lachte er und wollte wissen, wie man das durchgestrichene 'O' ausspricht. »Wie 'ö', das ist bei Rømø auch so«, erklärte Finja, die sich auch noch daran erinnern konnte, wie sie das erste Mal über die Namen gelacht hatte. »Und rate mal, wie man in Dänemark ein Moped nennt... 'Knallert'!!«, sagte Aaron glucksend, woraufhin Toni meinte, dass 'Hund' dann vermutlich 'Køterklev' heißen müsse. Die ganze Rückbank wieherte vor Lachen, und von vorne kam eine nicht ganz ernst gemeinte Nachfrage, ob die Kids am letzten Rastplatz Alkohol getrunken hätten. Sie waren alle froh, ohne Stau bis hierhin gekommen zu sein. Von der dänischen Autobahn bogen sie in Richtung Rømø ab, es war bald schon beschildert. Nach einigen Kilometern über Landstraßen fuhren sie jetzt auf den Damm, der die südlichste Insel Dänemarks mit dem Festland verband. »Schon irre, links und rechts neben der Straße das Wattenmeer, und trotzdem ist das keine richtige Brücke«, meinte Toni und beobachtete eine riesige Zahl Seemöwen, die auf dem flachen Watt standen, das mit wenig Wasser gerade eben bedeckt war. Durch die Spiegelung des Himmels sah es so aus, als würden die Vögel auf dem Wasser stehen. Gegen neunzehn Uhr erreichten sie einigermaßen müde das Campinggelände und hielten auf einem Parkplatz vor der Einfahrtsschranke, um sich anzumelden. Mit eingesteiften Beinen schälten sich alle unter den merkwürdigsten Tönen aus dem Auto und räkelten sich erst einmal in dem kräftigen Wind, der eine unruhige Nacht befürchten ließ. Finja sah sich im Schaufenster eines nahe gelegenen Spielzeug- und Sportgeschäftes Lenkdrachen an, während ihr Vater die Unterlagen für die Reservierung mit den Platznummern ihrer Zelte holte. Nach wenigen Minuten kam er wieder, verteilte Magnetkarten für die Duschräume und meinte seufzend, dass er sich sehr auf eine warme Dusche freuen würde. Sie passierten die Schranke, folgten dem Lageplan zu ihrem reservierten Platz und machten sich nach dem Ausladen eines beachtlichen Haufens Gepäck an den Aufbau der Zelte. Toni staunte über die Schnelligkeit, in der die Familie trotz des Windes und des Stangenchaos das große Familienzelt mit den vielen Schlaufen und Clips aufstellte. Sein eigenes Zelt baute er zusammen mit Finjas Hilfe direkt daneben, aber mit dem Eingang zum Weg in Richtung des Sonnenaufgangs. Das sei morgens besonders schön, hatte Finja ihm geraten. Kräftige Windböen machten den Aufbau ziemlich kompliziert, sodass alles ein wenig schief aussah. »Papa, reicht das mit dem Abspannen, oder müssen wir noch mehr Heringe und Schnüre nehmen?«, fragte Finja etwas besorgt. »Also, im Wetterbericht haben die nichts von einem Sturm gesagt, die nächsten Tage sollen angenehm warm sein«, antwortete ihr Vater. »Wir können morgen früh noch mal alles richtig abspannen, wenn es nötig wird«, ergänzte er und begann mit dem ungeliebten Aufpumpen der Luftmatratzen. Nachdem alles fertig aufgebaut, Schlafsäcke, Isomatten und Kleidungsbeutel verteilt waren, wurde ein schnelles Abendessen mit belegten Broten improvisiert. Mittlerweile war es im Zelt schon reichlich dunkel. Ideen zum nächsten Tag wurden beim Essen ausgetauscht und man wurde schnell einig, das Frühstück für halb neun einzuplanen, um viel vom Tag zu haben. Während die Kinder jetzt noch über den Campingplatz gingen und Finja ihrem Freund die Einrichtungen zeigte, machten sich die Eltern nach einer Dusche bettfertig und ließen sich von den Kindern versprechen, das Zähneputzen nicht zu vergessen. Erledigt von der langen Fahrt schliefen alle bald ein. Das Rauschen des Windes hatte etwas Hypnotisches, wie Finja dachte, während ihr Gedanken zur Welt hinter dem Wasserfall, zu Vorbereitungen für die geplante Expedition in Italien und vor allem zu den kommenden Tagen mit Toni durch den Kopf gingen und sie immer wieder für einige Sekunden einnickte. Ein metallischer Knall riss Finja mitten in der Nacht aus dem Schlaf, gefolgt von einem Gepolter, das direkt in Kopfnähe zu passieren schien. Es lärmte höllisch im Zelt, heftige Sturmböen zerrten mit Gewalt an den Stoffwänden und Schnüren. Erschrocken sah Finja im Restlicht der Campingplatzlaternen, dass sich die Zeltstangen stark krümmten und es aussah, als würde das Zelt jeden Moment in die Luft gehoben. »Papa!! Mama!! Wacht auf, das Zelt fliegt uns gleich weg!!«, rief sie panisch, krabbelte aus ihrem Schlafsack und öffnete hastig den Reißverschluss ihres Innenzeltes. Ihre Eltern und Aaron hatte sie mit dem Schreckruf geweckt, und ihr Vater holte schnell den Beutel mit weiteren Heringen und Abspannschnüren aus einer Tasche. Als sie das Zelt öffneten, peitschte ihnen ein scharfer Wind ins Gesicht, vermischt mit Sandkörnern und Staub vom Platz. Im Halbdunkel der bebenden Laternenmasten sahen sie, wie Campingstühle über die Wege purzelten und überall Menschen in Schlafanzügen und Unterwäsche aufgeregt Zelte und Vordächer befestigten. Toni war auch wachgeworden und fragte, ob er noch zwei Schnüre haben könne. Mit einem Gummihammer setzten sie längere Heringe schräg gegen die Zugrichtung der Seile fest in den Boden und spannten die Schnüre so sehr, wie es ihnen gerade möglich war. Das große Familienzelt war dabei dem Wind natürlich viel mehr ausgeliefert als das kleinere, abgerundete Zelt von Toni. »Das dürfte jetzt reichen«, rief der Vater gegen das Windgeheul und klopfte Finja auf die Schulter. »Danke, dass du uns geweckt hast, sonst wäre es bestimmt zu spät gewesen!« »Naja, Zufall«, meinte sie und gab Toni noch einmal einen Gute-Nacht-Kuss. Als sich Finja wieder bibbernd in den Schlafsack verkroch, gingen ihr vor dem Einschlafen viele Gedanken an Toni durch den Kopf. Sie nahm sich vor ihre Eltern zu fragen, ob sie in der nächsten Nacht bei Toni schlafen dürfe. Ob die das wohl erlauben würden? Ob es ein riesiges Theater gäbe? Mit Toni zusammen einschlafen... Finja wurde es ganz warm bei diesem Gedanken, und während die Zeltwände im Sturm heulten und knatterten, begleiteten tausende Gedankenfetzen Finja in den Schlaf. Am Morgen war es zwar noch windig, der Sturm hatte aber deutlich an Intensität verloren. Aaron war zuerst wachgeworden, hatte sich Campingtisch und einen Stuhl aufgeklappt, saß mit Pulli und Wolldecke im dunstig verschwommenen Morgenlicht und stopfte sich abwechselnd Kekse und Weingummi in den Mund. Völlig zerzaust kam jetzt auch Finja aus dem Zelt und hatte sich eine Jacke übergeworfen. »Moin! Noch gut geschlafen?«, fragte Aaron. »Also, nach dem Schreck dann schon, wie ein Stein«, antwortete sie. Es war ziemlich kühl, vielleicht acht Grad, und der beständige Wind ließ es nicht zu, dass die Morgensonne wirklich wärmte. Finja ging zu Tonis Zelt und öffnete langsam den Reißverschluss des Eingangs. »Was hast du denn vor?«, fragte Aaron grinsend. »Geht dich nix an«, knurrte seine Schwester zurück. »Iss ’nen Keks und sei still!« »Viel Spaß«, feixte Aaron und erntete dafür einen giftigen Blick. Finja kroch leise in das niedrige Zelt und schloss hinter sich den Eingang. Toni lag halb verdreht in einem Wolldecken- und Schlafsackknäuel auf der Luftmatratze und schnarchte leise mit offenem Mund. Finja legte sich behutsam neben ihn, deckte sich mit einem Teil der Wolldecke zu und beobachtete halb aufgerichtet Tonis Gesicht. Ein friedliches, warmes Glücksgefühl erfüllte Finja, als sie begann, zärtlich über seine Haare zu streichen. »Toni, mein Schatz, aufwachen«, sagte sie leise ganz nahe an seinem Ohr. Er räkelte sich, öffnete etwas die Augen und murmelte ganz verschlafen: »Was... wie spät... ach du bist’s«, schloss wieder die Augen, drehte sich ganz zu Finja und nahm sie in den Arm. »Gleich machen wir schon Frühstück«, sagte sie. »Mmmm... noch fünf Minuten... bitte!«, kam es genuschelt zurück. […Ende des Auszugs aus Kapitel 19]
19 Wind und Liebe
Herausgeber und Copyright: © by Oliver Jungjohann, Bochum. Alle Rechte vorbehalten.